REMOUCHAMPS

 

 

Im Tal liegt die Stadt gedämpft.

Sie verwiest auffahrend auf deinen Namen:

Ninglinspo. Wege verzweigen sich zu

einem Netz, Wasser gleitet in eigener Bahn

in die grösste Strömung hinein. Ich bin

einer von denen, die in sie einfahren.

Jemand ruft: Komm herr, mein Schatz,

- das ist Niederländisch! – damit ich dich

nehmen kann. Er steht auf dem Gehsteig,

sie sitzt am Geländer der Brücke.

Jemand macht eine Gebärde offener Arme.

Keine Najaden an diesem Pflasterort,

Keine Nymphen in den Höhlen seines

Eingeweides. In Stein steht auf einem

Felsen eine Madonna, die mich lockt.

Und weiter reges Leben, ausgestellt.

 

 

Häuser aus Naturstein, Schieferdächer

sind die Arbeit dieser Stadt. Sie baut

sich selbst auf. Einwohner sind geschäftig,

heben Erinnerungen in diversen Dosen

auf. So viele Leute auf den Strassen

dieser Stadt, wo Einsamkeit niemand

beschwert. Autos fahren mit offenen

Fenstern. In den Gastgärten bestellt man Eis.

Auf der Brücke warten Pferd und Kutsche auf mich.

Sie weisst nicht, dass ich sie erspähe, das

Mädchen mit den kleinen roten Schuhen.

Als ich vorbeigehe, umarmt sie den Jungen,

der stehen bleibt. Er telefoniert. Wenn sie

nu rins Vorher zurückkehren könnten.

Aber in der Länge des Mittags streckt

sich die Sonne aus, die Wärme nimmt sie auf.

Das Restaurant mit weissgekälkten Wänden,

Geranien in Blüte auf den Fensterbrettern.

Etwas weiter weg steht die Brücke breitbeinig

über dem Tal. Ich ruf den Ober. Hier

dürfen die Stunden eine Ewigkeit dauern.

In dieser Geborgenheit bringt niemand mich

aus dem Takt. Auch ich bestelle Eis.

 

 

Der Fluss strömt mitten durch die Stadt.

In der Amblève sehe ich hochgestiefelt

einen Fischer stehen. Er scheint im Flussbett

festgefroren, mit Rollkragen und

grüner Jägerjacke. Jetzt schwingt er

die Angel. Sollte es im seichten Wasser

Fische zu fangen geben? Das leere Netz trägt

er auf dem Rücken. Felsen in Formation,

oder alleine. Der Fischer fischt mit Engels-

geduld. Auf der Brücke daneben flattern

Fahnen im Wind. Könnte alles doch so

nutzlos, so ohne Kummer sein.

Weidenbäume suchen mit langen Zweigen

die Frische des Wassers. Wieder

schwingt einer die Angel, aber bleibt

ohne Fang. Die Statue am Ufer

hat die Arme gespreitzt. Ihre Gewänder

möchte sie nie mehr loswerden. Soll ich kommen?

 

 

Die Amblève durchschneidet die Stadt. Wo

ist das Mädchen, das ich hatte? Im Gastgarten

habe ich mich in Bildern tief verloren.

Ich vergass, kehre zum Wasser zurück.

Mit Kanus wird der Fluss befahren.

Mit Paddeln in Neonfarben kommen sie

flatternd näher, verschwinden wieder aus

der Sicht. Ein holländisches Mädchen mit

einem Zopf in ihren blonden Haaren

steigt aus dem Kanu, das auf Grund läuft.

Er sitzt fest. Und sie schiebt, gekrümmt,

ihr Gefährt frei, ihr Gesäss zu

meinen Augen gewandt. Ein wenig nackt.

Der kleine Slip, der die Backen scheidet,

macht diesen Mittag, oh ja, federleicht.

 

 

 

 

Übersetzung: Clemens Ruthner

 

 

 

 

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