Joris Iven |
Es war ein Jahr von Abschied nehmen…
für Saviana S.
Weit hinter uns liegen die Tatsachen, die Versprechen, die Herbstfarben. Heute hängt hier ein morgendlicher Geruch nasser Äste und Blätter, dampf steigt aus Grasfeldern und dem Asphalt zwischen den nachgemachten Bauernhöfen die in dieser Domäne aufgebaut. Etwas von hier ruft etwas von dort auf. Petrila, Petrosani, Lupeni, Dörfer wo ich gewesen, nach unserem Abschied. Es war ein Jahr des Abschiednehmens. Wir sahen aus dem Hotelzimmer hinunter auf die Dächer der Stadt – ihre Fenster wie Augen sie bespionierten uns die ganze Nacht. Ich stand nahe bei dir am Fenster, sah deine Lippen sich bewegen, aber hörte dich nicht. Ich war geggesunken, holte Atem, nichts kümmerte mich. War es der Whisky oder die Gewöhnung an den Schrecken, so wie ein betrunkener Dichter fragte? Was hinter uns, das verfolgt uns, Saviana. Oder sag ich, Vava? Hast du eine Vorliebe für deinen Kosenamen den ich von deiner kleinen Nichte hörte? Erinnerst du den Geruch von frisch gebackenem Brot der uns in der nächtlichen Strasse um die Nase wehte? Der Bäcker begrüsste uns als weisses Gespenst. Du kannst erschrecken wie niemand anders. Du kannst dich nie gewöhnen an das Geräusch der Stöcke wenn Ober die Zigeunerkinder aus dem Restaurant treiben. Du verachtest das Stöhnen eines Beischlafs auf der anderen Seite des Vorhangs der dich vom Bett des Ehepaares trennte das dir das Zimmer zur Miete gab. Wir hatten viel zu erzählen, viele Geschichten ohne Horizont. Andere Menschen hätten uns entrissen sein können, andere aber hätten zusammen sein können. Vava, ich hätte dir Antwort geben müssen auf deinen Brief. Was ist mit dir los? Was ist passiert? Hast du mich vergessen? Der Tag geht heute von Minute zu Minute. Stapelwolken treiben vorbei. Es ist Spät am frühen Abend und der Regen fällt mit Pausen. Birkenblätter flackern im Wind hinter dem Garten. Ich höre nach dem Cellokonzert in B-Moll, Opus 104, von Dvorák und ringe weiter mit deinen Fragen.
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