Joris Iven |
Prag am 11. November 2004
Die Mauern des Jüdischen Museums hängen schwer wie die Wände in meinem Haupt. Kammer nach Kammer werden sie schwerer. Bis zum Bersten gefüllt sind sie beschrieben mit Namen, Daten der Geburt und des Todes.
Kleine Handschrift in roten und schwarzen Lettern. Blut und Trauer. Ortsnamen der Entartung und Vertreibung sind eingraviert in Knochen. Theresienstadt, Christianstadt, Dachau, Treblinka, Minsk, Maly Trostinec.
Ich lege einen Wunschbrief unter ein Steinchen auf ihrem Stein. Ich lege eine kleine Geldmünze auf ihren Stein. Alle Türen waren für sie geschlossen. Alle Häuser waren abgebrochen.
Im späten Herbst gingen die letzten zehn Transporte von Theresienstadt nach Auschwitz und die Tochter Margot rief ihrer Mutter nach: “Ich komme mit dem nächsten Zug und ich werde wieder bei dir sein.”
Der nächste Zug sollte nicht gehen und die junge Frau überlebte die Hölle von Terezin.
Jetzt sollen nie mehr Glücksfälle, Briefe oder Berichte verloren gehen, weil ich alles beieinanderhalten will und sie bei mir.
Übersetzung: Fred Schywek
· Essays · Toneel |