Joris Iven |
In den Archiven: Testamente und Briefe
Wir wähten uns Götter als wir lasen was die Toten schrieben, aber wir sind machtlos. Der Brief verrät mehr als die Seele und die Toten brauchen sich nicht zu schämen für ihre Versagen. Sie bekennen ihre Untreue ohne eine Reue. Uns fehlt jeder Rest Moral wenn wir uns an jene erinnern die wir betrogen. Aber wir sind mundtot und unsere Taten sind unwiederbringlich. Wir beugen uns über Fotokopien von Testamenten und hören das Rascheln von Geld. Wir denken, ach wie klein sind wir gewesen. Aus Tagebüchern lernen wir wie einfach Versprechen gebrochen; vielfach wegen uns selbst. Öfters als wir meinten unser Lot in der Hand zu haben, hat der Zufall es von uns übernommen. Die Zeit ist stärker als Wille gewesen. In so und so vielen Memoiren sehen wir das Vertrauen voll aufs falsche Pferd gesetzt. Die übermütige Entscheidung die wir einst sollen bereuen. Doch ist nichts umsonst und nichtig gewesen. Wie wir lesen was die Toten schrieben, erkennen wir uns selbst. Wir sind ein Leben lang blind gewesen.
Ubersetzung: Fred Schywek
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